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Die psychotherapeutische Ambulanz im Vorfeld und im Nachgang stationärer verhaltensmedizinischer Behandlungen und Rehabilitationsmassnahmen in der Psychosomatik – Differenzielle Zuweisungen und Krankheitsverläufe

Manfred Zielke

Baltic Bay Clinical Consulting, Mönkeberg
Fakultät für Sozialwissenschaften der Universität Mannheim

(Erschienen in Praxis Klinische Verhaltensmedizin und Rehabilitation, 84, 2009 (S. 84-108))

Kurzfassung

Hintergrund/Ziele und Forschungsfragen: Die Diskussion über die Einordnung stationärer Psychotherapie in vorausgehende und nachsorgende ambulante Psychotherapien basiert überwiegend auf versorgungspolitischen Voreingenommenheiten der jeweiligen „Stakeholder“. Es wird untersucht, welche späterhin stationär behandelten Patienten mit psychischen Erkrankungen ambulant vorbehandelt sind, welche Patienten den Weiterbehandlungsempfehlungen folgen und wie sich deren Krankheitsverläufe entwickeln.

Material und Methoden: 338 in 3 verhaltensmedizinischen Kliniken stationär behandelte Patienten werden hinsichtlich ihrer ambulanten psychotherapeutischen Vorerfahrungen befragt, die Empfehlungen zu weiterführenden ambulanten Psychotherapie werden analysiert, es wird geprüft, welche dieser Patienten zwei Jahre danach eine ambulante Psychotherapie begonnen bzw. abgeschlossen haben und es werden die Verlaufswerte klinisch-psychologischer Parameter (Depressionen, Angstausprägung, psychosomatische Beschwerden) über zweieinhalb Jahre untersucht.

Ergebnisse: 70,1% der Patienten hatten vor ihrer Aufnahme in die Klinik mindestens 1 ambulante Psychotherapie absolviert. Der Umfang an ambulanter Vorbehandlung hängt ab vom Lebensalter, Geschlecht, von der Krankheitsdauer, der Partnersituation und von den psychiatrischen Primärdiagnosen. Bei 81,1% der Patienten wird eine Empfehlung zu einer ambulanten Weiterbehandlung ausgesprochen. Von 228 nach 2 Jahren nachuntersuchten Patienten hatten 57% eine ambulante Psychotherapie begonnen oder abgeschlossen. Die ehemals ambulanten Patienten hatten zu allen Untersuchungszeitpunkten höhere Ausprägungen auf allen klinischen Skalen und gleiche stationäre Effektstärken wie die nicht ambulant vor- und nachbehandelten Patienten. Die Dauer zwischen der Entlassung aus der Klinik und der ersten Arbeitsunfähigkeit beträgt im Mittel 208,7 Tage mit deutlichen Differenzierungen in Abhängigkeit vom Geschlecht und dem Lebensalter der Patienten. Krankheiten der Atemwege sind dabei der häufigste Krankheitsgrund. Eine ambulante Psychotherapie hat hierauf keinen spezifischen Einfluss.

Schlussfolgerungen und Diskussion: Ob ein stationärer Patient ambulant vorbehandelt oder nachbehandelt wird, hängt neben soziodemographischen Faktoren von der Schwere des Krankheitsbildes ab. Es zeigen sich identische Veränderungen bei dieser Patientengruppe im Vergleich zu nicht ambulant Betreuten, jedoch auf einem höheren klinischen Niveau.

Literatur

Zielke M, Borgart E  J, Carls W, Herder F, Kirchner F, Kneip V, Lebenhagen J, Leidig S, Limbacher K, Lippert S, Meermann R, Reschenberg I & Schwickerath J (2004)  Ergebnisqualität und Gesundheitsökonomie verhaltensmedizinischer Psychosomatik in der Klinik. Lengerich: Pabst Science Publishers.